Erweiterte Funktionen

Das war der Lupus Alpha Investment Fokus in Frankfurt - Fondsnews


15.11.23 13:30
FONDS professionell

Wien (www.fondscheck.de) - Beim 22. Lupus Alpha Investment Fokus stand die Zukunft der Weltwirtschaft angesichts steigender geopolitischer Spannungen und zunehmender Deglobalisierung im Zentrum, so die Experten von "FONDS professionell".

Mit dabei seien zahlreiche bekannte Investoren und weitere Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft gewesen.

Das deutsche Geschäftsmodell basiere auf offenem und regelbasiertem Welthandel mit freiem Zugang zu Absatzmärkten und günstigen Ressourcen. Doch die Fragmentierung der Weltwirtschaft, zunehmende Handelsschranken und das Ende von günstigem Öl und Gas stelle dieses Geschäftsmodell infrage. Auf dem 22. Lupus Alpha Investment Fokus in Frankfurt hätten sich international renommierte Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft mit den Herausforderungen und den Perspektiven für Deutschlands Wirtschaft in diesem neuen Zeitalter beschäftigt.

Wer habe was beim Lupus Alpha Investment Fokus gesagt?

Der Frankfurter Asset Manager habe bereits zum 22. Mal zum jährlichen Lupus Alpha Investment Fokus eingeladen. Mehr als 250 Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und von institutionellen Investoren teilten Fragen, Ideen und Einschätzungen zu einem der beherrschenden Themen unserer Zeit, den wachsenden Spannungen auf der Weltbühne, so die Experten von "FONDS professionell". Insgesamt hätten die Teilnehmer der Investoren-Konferenz rund 450 Milliarden Euro an Investorenkapital repräsentiert. Das Stimmungsbild zeige eine TED-Umfrage unter den Teilnehmern: "Worin sehen Sie 2024 die größten Risiken für Investoren in Europa?" Mit 77 Prozent würden mehr als drei Viertel der Anwesenden eine "Geopolitische Eskalation" befürchten; 41 Prozent würden mit Sorge auf die kommende "US-Präsidentschaftswahl" schauen; und nur noch 18 Prozent würden potenziell weiter "Steigende Zinsen" als Problem sehen.

Der Lupus Alpha Investment Fokus möchte Investoren relevante Impulse für ihr Portfoliomanagement geben. "Es ist gute Tradition, dass wir jedes Jahr einen ganz besonderen Investor einladen", habe Ralf Lochmüller, CEO von Lupus Alpha gesagt. Diese Vorbild-Investoren würden ihre Allokation und ihre Strategie präsentieren. Dazu habe Lochmüller diesmal Tilly Franklin, CEO und CIO der Universitätsstiftung von Cambridge begrüßt. Gemeinsamer Nenner der Vorbild-Investoren: Breit über renditestarke Anlageklassen und per Rebalancing antizyklisch investieren. In dieser Linie sehe Lochmüller auch die Entwicklung des eigenen Hauses von einer auf europäische Nebenwerte fokussierten Investment-Boutique zum Multi-Spezialisten. Lochmüller: "Wir sind von den Vorteilen spezialisierter Assetklassen für institutionelle Portfolios überzeugt." Wer als Investor sein Portfolio balanciert ausrichten wolle, müsse auf mehr zurückgreifen als auf Large Caps und klassische Rentenpapiere.

Der ehemalige deutsche Bundespräsident Joachim Gauck habe erläutert, wie Beziehungen zu Handelspartnern aussehen könnten, die nicht die deutschen Wertevorstellungen teilen würden: "Die Zeiten sind vorbei, als wir glaubten, man könne Werte einfach exportieren", so Gauck. Er selbst habe einen "intensiven Wandlungsprozess vom Idealisten zum Realo vollzogen". Aus einer starken Betonung von guten Werten, sage er, resultiere nicht automatisch gute Politik. Vielmehr gibt es gute Gründe, zu unseren Werten zu stehen, ohne alle Welt mit unseren Werten missionieren zu müssen und unseren eigenen Interessen zu schaden, berichten die Experten von "FONDS professionell". Rohstoffe, Energie, Absatzmärkte, Außenpolitik: Gauck sehe viele Abhängigkeiten von anderen Ländern. Deutschland sei gezwungen, mit denen zusammenzuarbeiten, deren Werte man nicht teile. Gauck empfehle: "Vertreter einer glaubhaften Wertepolitik sind in der Lage, ihre Entscheidungen in offener Abwägung von Werten und Interessen zu begründen."

Worauf sich Wirtschaftsstandorte, Märkte und Unternehmen in diesem raueren politischen Umfeld einstellen müssten, habe Gabriel Felbermayr, Direktor am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo), am Beispiel der Welthandelsorganisation WTO veranschaulicht: "Sie hat die Unterstützung der USA verloren, schon vor Trump. Ihre Fähigkeit, ihre Regeln durchzusetzen, ist massiv kompromittiert worden." Margret Suckale, Aufsichtsrätin bei Infineon und anderen Unternehmen, habe die Prognose gewagt: "Die Wiederwahl von Trump wird voraussichtlich passieren." Das würde den Protektionismus weiter befördern: "Wir müssen uns warm anziehen." Hermann Simon, Gründer der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners, habe einen optimistischen Blick auf den deutschen Mittelstand geworfen und beobachte einen Trend: "Wir erleben eine völlige Neuausrichtung der globalen Wertschöpfung. Exporte werden zunehmend durch Direktinvestitionen ersetzt." Darin lägen nach seiner Erwartung auch erhebliche Chancen für Deutschland.

Mehr Spannungen würden mehr Marktschwankungen bedeuten. Die zentrale These von Marvin Labod, Leiter Quantitative Analyse bei Lupus Alpha: "Jedes Portfolio hat ein Risiko-Overlay verdient." Risiko sollte man nicht völlig ausschalten, das koste zu viel Rendite. Allerdings müsse man es beherrschen. Labods Konzept: Mit einer Drawdown-Bremse schärfere Kursrückgänge abfedern, und mit einem Tail-Risk-Fallschirm den Risiken schwarzer Schwäne entgegenwirken. Mit einer harten Wertuntergrenze, die am Ende aber nicht im gefürchteten Cashlock ende. Und mit einem Ertrags-Booster, der die Kosten dieser Instrumente zur Absicherung deutlich senken könne. Alles zusammen ohne jeden Eingriff in die Asset-Allocation. Um die kümmere sich unverändert der Investor. Um das Risiko kümmere sich das Overlay.

Raghuram Rajan, Professor an der Booth School of Business der University of Chicago und ehemaliger Gouverneur der Reserve Bank of India, sehe den freien Welthandel in Gefahr. Dies habe er mit zwei Zahlen veranschaulicht: Im Jahr 2012 seien jährlich weltweit etwa 250 neue Handelsrestriktionen verhängt worden, 2022 seien es mit 2.500 zehn Mal mehr gewesen. Ihn wundere nicht, dass die internationale Zusammenarbeit immer schwieriger werde und die Wachstumserwartungen immer weiter abnehmen würden. Andererseits: Die Zukunft starker Unternehmen bereite ihm wenig Sorge: Sie würden ihre Lieferketten anpassen, größere Puffer in ihren Lagern aufbauen, sich operationell insgesamt flexibler aufstellen, Angebot und Nachfrage diversifizieren, sich in multinationale Einheiten aufteilen, die sich jeweils auf bestimmte Regionen fokussieren würden.

Tilly Franklin, CEO und CIO bei University of Cambridge Investment Management, seien zwei Dinge besonders wichtig gewesen: Rendite und Nachhaltigkeit. Durchschnittlich 9,3 Prozent per annum habe das Vermögen des Stiftungsfonds in den vergangenen zehn Jahren erzielt, vor allem mit Aktien, Private Equity sowie Absolute-Return-Strategien. Den Private-Equity-Anteil wolle Franklin langfristig von heute rund 23 Prozent auf ein Drittel des Stiftungsvermögens ausweiten. In Anleihen sei das Vermögen kaum investiert gewesen, 2022 nur mit einem Anteil von vier Prozent. Mit dieser Allokation sei sie unter anderem hervorragend durch die scharfe Zinswende 2022 gekommen, von der die Cambridge-Stiftung kaum betroffen gewesen sei. Das Thema Nachhaltigkeit drücke sich im Wesentlichen in zwei Etappenzielen aus: Bis zum Jahr 2030 wolle Cambridge nicht mehr erwähnenswert in Erzeugern fossiler Brennstoffe investiert sein. Und bis 2038 sei es das Ziel, die Netto-Treibhausgasemissionen im Portfolio auf null zu bringen.

Bernhard Grötsch, Geschäftsführer bei Rohde & Schwarz Corporate Finance, glaube, dass die Inflation noch längere Zeit auf höherem Niveau bleiben werde. Er setze auf Inflation-Linked-Bonds und Aktien. Michael Leinwand, Vorstand für Kapitalanlagemanagement, VBL, Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, setze wegen der Cashflows auf Infrastrukturinvestments und auf CLOs mit ihrer variablen Verzinsung sowie ihrer Duration von unter drei Monaten. Die Aktienquote werde leicht ausgeweitet und erstmals eine Quote in Private Equity aufgebaut. Ingo Mainert (l.), CIO Multi Asset Europe bei Allianz Global Investors, habe gesagt: "Der Zins ist zurück, Gott sei Dank - 60/40 ist jetzt wieder da." Er setze im Kern auf Staatsanleihen, wolle langsam und sukzessive die Laufzeiten verlängern; außerdem auf Unternehmensanleihen mit guter Bonität. Götz Albert, CIO bei Lupus Alpha, habe eine Lanze für europäische Small- und Mid-Caps gebrochen. Die hätten zuletzt 25 Prozent underperformed und "sind bei einem KGV von zehn so günstig bewertet wie lange nicht".

Stefan Glombitza, CEO der Formycon AG, entwickele und produziere mit seinem Unternehmen sogenannte Biosimilars - sozusagen Generika im Bereich der biopharmazeutischen Arzneimittel. Die Behandlung mit Biopharmazeutika sei in der Regel bis zu 15 Mal teurer als mit einem rein chemisch hergestellten Wirkstoff. Hier würden die Biosimilars ins Spiel kommen: "Ein Biosimilar kostet bei Einführung ein Drittel weniger als das Original. Mit der Zeit baut sich die Ersparnis auf bis zu 50 Prozent auf", habe Glombitza gesagt. In Deutschland würden sie nach dem ersten Jahr im Schnitt einen Versorgungsanteil von über 70 Prozent erreichen. In den Jahren 2026 und 2027 könnten die jährlichen Einsparungen durch Biosimilars weltweit 100 Milliarden US-Dollar übersteigen. Der Umsatz habe in Deutschland 2012 bei 75 Millionen Euro und 2022 bei mehr als 2.300 Millionen Euro gelegen. Das Potenzial sei noch enorm, so Glombitza. (15.11.2023/fc/n/s)